Tesla

Tesla

Originaltitel: Tesla
Genre: Drama
Regie: Michael Almereyda
Hauptdarsteller: Ethan Hawke
Laufzeit: DVD (99 Min) • BD (103 Min)
Label: Leonine
FSK 12

Tesla   02.01.2021 von Dan DeMento

Nachdem Ende November mit Edison - Ein Leben voller Licht die Biografie des wohl bekanntesten Elektrikers das Heimkino eroberte, widmet sich Tesla jetzt dessen weniger berühmten, aber mindestens ebenso genialen Kollegen. Wir haben auch auf diesen Film einen Blick geworfen, der sich aufgrund der zeitlichen und thematischen Nähe natürlich dem direkten Vergleich stellen muss.
 
Inhalt:
 
Der kroatische Einwanderer Nikola Tesla (Ethan Hawke) ist im Jahre 1884 frisch nach New York gekommen, seine große Vision, einen revolutionären Motor, im Gepäck. Der naheliegenste Weg führt ihn in die Fabrik von Thomas Edison (Kyle MacLachlan), wo er allerdings nur ein halbes Jahr arbeitet, bis ein Streit um angemessene Bezahlung aus den Kollegen lebenslange Konkurrenten macht. Auch Teslas erste Firma geht schnell bankrott und er muss sich vom Straßenarbeiter wieder nach oben arbeiten. Als Tesla seine Vision der Drehstrommaschine endlich verwirklichen kann, wird nicht nur die Fachwelt auf ihn aufmerksam, sondern auch Edisons größter Konkurrent George Westinghouse (Jim Gaffigan), der in Teslas Erfindung die Chance sieht, Edison endgültig den Saft abzudrehen.
 
Nachdem ich bereits Edison - Ein Leben voller Licht sehen und beurteilen durfte und ich darin die Rolle von Nikola Tesla als lächerlich gering empfand, war die Vorfreude auf Tesla natürlich groß. Auch wenn Edison ohne Zweifel der bekanntere und erheblich erfolgreichere Erfinder war, so ist die Biografie von Tesla trotz - oder gerade wegen - all seiner Rückschläge die wesentlich interessantere. Doch leider stellt sich schon nach den ersten Minuten des Films eine herbe Ernüchterung ein, denn man fühlt sich etwas zu sehr an den oben genannten Film erinnert. Dass zwei Biopics von zwei zur selben Zeit im selben Bereich - und zeitweise zusammen - arbeitenden Menschen gewisse Parallelen aufweisen würden, ist nicht weiter verwunderlich. Doch hier wurden ganze Szenen und Dialoge quasi wörtlich übernommen, mit dem Unterschied dass Edison jetzt nicht mehr das schwierige Genie ist, sondern ein arroganter, eindimensionaler Schnösel. Das verwundert auch, weil man von Darsteller Kyle MacLachlan, der sich immerhin durch die halbe Filmografie von David Lynch - am bekanntesten davon natürlich Twin Peaks - brillierte, wesentlich besseres gewohnt ist. So hat man leider durchgehend das Gefühl, dass hier ziemlich frech von dem drei Jahre früher entstandenen Edison - Ein Leben voller Licht abgekupfert wurde - nur leider erheblich schlechter. Natürlich sieht man Tesla sein geringeres Budget an, doch das ist nicht das Problem. Viel trauriger ist, dass hier die Chance, die Geschichte von Tesla würdig zu erzählen, verschenkt wurde, um eine etwas experimentellere Version dessen abzuliefern, was man schon gesehen hat.
 
Dazu kommt, dass Regisseur Michael Almereyda, der bisher hauptsächlich durch skurrile Experimentalfilme Aufmerksamkeit erregte, diese Handschrift auch in Tesla nicht gänzlich aufgeben wollte. Das ist grundsätzlich keine schlechte Idee, galt Tesla doch zeitlebens als Wahnsinniger und hat sich laut eigenen Aussagen mehrfach mit Tauben und Marsmenschen unterhalten. Doch statt solche Vorlagen zu nutzen, wird die Figur komplett flach und - bis auf ein paar Ticks wie das Abwischen der Gläser im Restaurant - auch sehr eigenschaftslos gehalten, während J.P. Morgan-Tochter Anne (Eve Hewson) die gleichzeitig als Erzählerin mit MacBook und Beamer agiert, Edison der in einer Szene neben Zigarre und Coca Cola sein Handy zückt und "avantgardistische" Kameraeinstellungen, die eher an die Verzerrung einer GoPro erinnern als an Kunst, sich abwechseln. Das alles wirkt leider so gewollt modern und außergewöhnlich, dass es einen immer wieder komplett aus dem ansonsten recht stimmigen New York der 1890er reißt. Und gerade wenn man denkt, schlimmer könnte es nicht mehr kommen, greift Tesla zum Mikrofon und singt Everybody Wants To Rule The World von Tears for Fears. Ja, wirklich.
 
Ob es zur eigensinnigen Erzählweise gehört, oder ob sich da einfach keine Mühe gegeben wurde, ist nicht klar, aber selbst jemandem wie mir, der sein Fachwissen über Tesla, Edison und den "Stromkrieg" aus einigen Wikipedia-Artikeln schöpft, stößt mehrfach sauer auf, wie historisch inakkurat oder teilweise schlichtweg falsch manche Szenen sind. Um den geneigten Zuschauern nicht noch die letzten Überraschungen zu verderben, sei hier nur auf ein Beispiel eingegangen: Während Erzählerin Anne Morgan sich zu Beginn des Films noch darüber mokiert, dass eine der bekanntesten Fotografien Teslas, die ihn inmitten von Blitzentladungen in seinem Büro sitzend zeigt, mit Photoshop bearbeitet wurde, stellt der Film eine gute Stunde später exakt diese Szene nach.
 
Dazu kommt, dass der Film extrem wenig erklärt. Das ist grundsätzlich in Ordnung, weil nicht jeder, der einen Film über Tesla anschauen möchte, auch ein fundiertes Interesse an Elektrotechnik haben muss. Aber gerade gegen Ende des Films bleibt dem Zuschauer, der keinen Master in betreffenden Fachbereichen in der Tasche hat, eigentlich nur die Möglichkeit, irritiert die Augenbrauen zu runzeln und die Vorgänge auf dem Bildschirm stillschweigend als Wahrheit zu akzeptieren.
 
Hauptdarsteller Ethan Hawke gibt sich sichtlich Mühe, die Figur des Nikola Tesla halbwegs ordentlich auf die Leinwand zu bringen, wird dabei aber sichtlich durch das Drehbuch eingeschränkt. Wenn man einem Mann, der der Überlieferung nach zeitlebens ein Problem damit hatte, mit Menschen im Allgemeinen und mit Frauen im Besonderen zu sprechen, seitenlange Dialoge mit den wunderschönsten Frauen in den Mund legt, dann muss der Schauspieler diese Sätze eben auch aufsagen. Hawke löst diesen Zwiespalt für sich so, dass er sich, seinem Gegenüber verlegen auf die Hände oder knapp neben sie schauend, mit brüchiger Stimme durch seine Dialoge nuschelt. Was im Originalton noch ganz gut funktioniert, wurde in der - insgesamt nicht gerade großartigen - deutschen Synchronisation leider komplett verbockt. So klingt Hawke-Sprecher Frank Schaff auch in Streitsituationen so, als hätte er im Tonstudio sehr leise sein müssen, um die Nachbarn nicht zu stören.
 
So bleibt abschließend leider nur zu sagen, dass bei Tesla sehr viel falsch und sehr wenig richtiggemacht wurde. Aus der Biografie Teslas hätte man - wie Ethan Hawke in einem Interview im Bonusmaterial selbst sagt - ein Dutzend großartige Filme machen können. Stattdessen wurde ein ziemlich miserabler gemacht. Schade drum!
 

Bildergalerie von Tesla (6 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Das Bild ist immer wieder von Störungen und Artefakten durchsetzt. Inwieweit das zum Stil des Films gehört, muss jeder selbst entscheiden, ich fand es mitunter sehr störend. Der Ton ist grundsätzlich gut abgemischt, die deutsche Sprachfassung ist aber eher auf C-Movie-Niveau. An Bonusmaterial gibt es einige Trailer sowie Interviews mit Darstellern und Produzenten.


Cover & Bilder © LEONINE Distribution GmbH - Alle Rechte vorbehalten.


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

 

Ich dachte auch nicht, dass ich das mal sagen würde, aber hier ist Tesla noch schlechter gelungen als in Edison - Ein Leben voller Licht. Ich breche weiterhin die Lanze für den skurillen Kroaten und hoffe, dass ihn irgendwann ein würdiger Film zuteil wird. Dieser hier ist es leider nicht.


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